Um in unsicheren Zeiten zu überleben, müssen wir uns verändern. Wir haben also nicht selber die Veränderung gewählt, sie wurde uns von außen aufgezwängt. Da ist natürlich an erster Stelle das Infektionsgeschehen zu nennen, das unsere körperliche Unversehrtheit bedroht und damit unser Bedürfnis nach Sicherheit.
Einzelschicksal vs. Massenschicksal
Wir kennen alle schwere, auch lebensbedrohliche körperliche Erkrankungen. Es sind in der Regel Einzelschicksale, die davon betroffen sind. Wenn wir eine nahe Beziehung zu diesen Menschen haben, werden dadurch Gefühle von Trauer, Angst vor dem Verlassenwerden und Sterben hervorgerufen. Wenn wir dann noch in den Medien von den anderen Einzelschicksalen lesen, dann empfinden wir es nicht mehr als Einzel-, sondern als Massenschicksal, weil sehr viele Menschen davon betroffen sind und waren.
Der Krankheitserreger ist unsichtbar, wir können ihn nur an seinen Auswirkungen in Form von mittlerweile hinlänglich bekannten körperlichen Symptomen erkennen. Auch die Infektionswege des Virus sind inzwischen weitgehend bekannt, was aber den Infektions-Vorgängen selbst nicht den Schrecken nimmt.
Das Virus zeigt uns, dass wir der Natur weitgehend hilflos ausgeliefert sind. Deshalb gibt es inzwischen außer dem Impfen nur die bekannten Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus zu begrenzen: Kontakte auf ein Mindestmaß begrenzen, Schutzmasken tragen, bestmöglich für Hygiene sorgen. Wir können immer noch nicht sagen, warum es bei einigen zu schweren bis tödlichen Infektionen und Krankheitsverläufen kommt und bei anderen zu minimalen oder gar keinen Symptomen.
Hier stehen wir nach wie vor einem unbekannten Terrain gegenüber. Natürlich macht es Sinn, das eigene Immunsystem zu stärken, aber auch damit haben wir keine Garantie, vor einer Infektion und schwerer Erkrankung geschützt zu sein. Genau diese Unsicherheit hat massive psychische Auswirkungen, mit denen wir uns hier befassen wollen.
Die Politik
Die entwickelten politischen Maßnahmen können sicher als anfechtbar gelten. Nicht alles ist politisch gut gemacht oder in allen Details nachvollziehbar. Die Politik reagiert auch nicht rational oder nicht nur rational auf diese Situation. Denn auch der Politik fällt kaum etwas anderes ein, als die menschlichen Kontakte zu verringern, was natürlich auch wieder psychische Belastungen nach sich zieht; denn die Widerstandskraft, die aus der Gemeinschaft kommt, von ihr entwickelt und verstärkt wird, kann weniger genutzt werden aufgrund der Kontaktbeschränkungen. Dieser dauern ja nun schon so lange an, dass die Menschen zunehmend unsicherer werden, und Erkrankungen wie Depressionen und Adipositas stark gestiegen sind – nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern.
Wir leben in unsicheren Zeiten!
Diese Situation muss in höchstem Maße Unsicherheit auslösen. Diese Unsicherheit wirkt sich wiederum bei unterschiedlichen Menschen unterschiedlich aus. Manche gehen darüber hinweg, als gäbe es das Infektionsgeschehen gar nicht, andere verkriechen sich und trauen sich so gut wie gar nicht mehr aus dem Haus. Es sind gerade die Schwächsten, diejenigen, die auch psychisch am stärksten belastet sind mit z.B. Depressionen oder Traumafolgestörungen, die auch in dieser Situation psychisch am verletzlichsten sind. Sie reagieren mit besonders starken Ängsten und Unsicherheit.
Wir können also unstrittig sagen: Wir leben in unsicheren Zeiten!
Auszug aus einem Artikel von Heinz-Günter Andersch-Sattler in dem von ihm herausgegebenen Buch „Veränderung in unsicheren Zeiten“. Dieses Buch ist gerade im Eigenverlag bei SynBooks erschienen. Es kann bestellt werden über info@synbooks.de oder in Kürze über die Seite www.veraenderung-in-unsicheren-zeiten.de